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Die Altersstimme

Vortrag, gehalten in Meran 2008

 

Einleitung

Ich hab mal gegoogelt, um zu kucken, worum es bei diesem Symposium eigentlich geht….

Habe also eingegeben – „Alter und Leistung“ und bekam folgende Suchergebnisse:

 

„Das Alter setzt der Leistung Grenzen.“ (loges) – Als gäbe es in der Jugend keine Grenzen? Typischer Fall von jugendlicher Verblendung!

 

Anders auf einer Seite des Automobilherstellers BMW:

„Nicht das Alter, die Leistung zählt“

 

Oder sogar:

„Erfahrung ist Zukunft - Leistung ist keine Frage des Alters“

(www.erfahrung-ist-zukunft.de)

 

„Reife Leistung –Mit dem Alter denken wir komplexer“ (Die Karrierebibel)

„Ältere sind eine weitaus heterogenere Gruppe als die Jüngeren. Mit steigendem Lebensalter verliert das Alter  also an Bedeutung.“ (AGE MANAGEMENT WIRTSCHAFT REGIONAL)

 

 

 

Dazu gebe ich ihnen mal ein paar Schlaglichter aus meiner Erfahrung:

 

Schlaglichter

Eine 75 jährige Frau, sang in einem Seminar nach 70 stummen Jahren das erste Mal wieder.

 

Haben Sie schon mal eine Stimme mit Herzschlag, Vibratoanflügen und dem Geräusch der künstlichen Herzklappe zugehört?

 

Eine pensionierte Lehrerin. Ihr Motiv für Stimmunterricht: Endlich mal was für mich tun!

 

Wie ich einer gealterten, aber noch an der Oper engagierten Diva half, ihre Einsingzeit von einer Stunde auf fünf Minuten zu verkürzen – indem ich an ihrer Handschrift arbeitete.

 

Eine Schauspielerin Ende Fünfzig erkennt, wie unsinnig ihre seit dreißig Jahren praktizierte Stimmtechnik ist und lässt sie fahren.

 

Eine Lehrerin kurz vor der Pensionierung (Annedore) singt seit Jahren im Chor. Jedes Jahr müssen die älteren Herrschaften sich vom Chorleiter prüfen lassen. Dieses Jahr war sie besser als in allen Jahren zuvor. Besonders was Umfang und Schwellfähigkeit anlangte.

 

(Seniorin, die sich als Leselernhelferin enegagiert)

 Dass das wie Meditation sei, dieses Stimmseminar.

 

Eine andere mit ziemlich kopfiger Stimme, was sie selbst am meisten nervt, legt sich die Hand auf den Kopf beim Lesen um nach möglichen Vibrationen Ausschau zu halten – und spricht dadurch etwas tiefer, ruhiger .

 

Eine andere, die knarzt, heller und leichter und ohne Knarzen.

 

Zusammenfassung vorweg

Ich werde zunächst über das Alter sprechen und dann über die Stimme. Was ich übers Alter und über die Stimme zu sagen habe, ist vielleicht ein wenig ungewohnt. Und das ist gut so. Denn mit dem Wortpaar des Gewohnten und des Ungewohnten sind wir bereits mitten in dem, wie ich die Sache sehe.

 

Sie werden also eine etwas ungewohnte  Sicht auf Stimme und Alter gewinnen und danach ist es Zeit, vor diesem neuen Hintergrund sich mit der Altersstimme zu befassen, die dann anders aussieht, als Sie es jetzt noch denken. (Wenn alles gut-, und mein Plan für diesen Vortrag aufgeht.) 

 

Sie werden auch einige meiner Schüler kennenlernen. Ich werden von ihnen berichten, damit sie sich ein genaueres Bild machen können von dem, was der Altersstimme eigen und möglich ist. Denn das interessiert mich: Was möglich ist. Das Unmögliche interessiert mich erst, wenn es möglich wird. (Und dann aber schon.)

 

Hintergrund meiner Arbeit bilden unter anderem vier Menschen und deren Sicht-Denk- Handlungs- und Berührungsweisen:  Moshe Feldenkrais, F.M. Alexander, Franziskus Rohmert  und Ludwig Wittgenstein.

 

Feldenkrais und Alexander haben Methoden entwickelt, die ihre Namen tragen.

 

Beide halten Körper und Geist für eine untrennbare Angelegenheit;

  • beide befassen sich mit dem Erkennen und Verändern von Gewohnheiten;
  • beide haben Methoden eines Körper-und Bewegungsorienterten Lernens entwickelt.
  • Beide trauen dem Menschen zu, mehr werden zu können, als er momentan aus sich macht; 
  • beide sind am Potential interssiert;
  • beide fassen ihre Arbeit als pädagogische auf, als Initiierung und Begleitung eines Lernprozesses

Der Philosoph Ludwig Wittgenstein bedarf keiner weiteren Ankündigung; man sagt immer zu viel oder zu wenig über ihn.

 

Wichtig erscheint mir in unserem Zusammenhang Wittgensteins Methode des Hinschauens. Seine Philosophie der Sprache entwickelt er oft an beispielhafter skeptischer Hinterfragung von kategorialen Darstellungen, zu gut Deutsch: Schubladendenken. Sein Erbe ist kein „Gedankengebäude“, sondern Denkbewegungen.

 

Darin finden sich erstaunliche Parallelen zu Feldenkrais. Für mich persönlich spannend ist darüber hinaus der Umgang aller drei – Alexander, Feldenkrais und Wittgenstein – ihre jeweilige Überwindung der Körper-Geist-Dualität bzw. deren Dekonstruktion.

 

Über Franziskus Rohmert muß gesagt werden, daß er ein Wegbereiter, Vertreter und Weiterentwickler der Funktionalen Stimmtrainings Lichtenberger Ausprägung ist.

 

Am Lichtenberger Institut für Funktioanles Stimmtraining befruchteten sich  in den 90er Jahren in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Darmstadt Stimmpädagogik und Arbeitswissenschaft.

 

Vibrato und Sängerformanten wurden als zentrale Schlüsselparamter für Stimmenwticklung ausgemacht und zusammen mit einem Schwerpunkt auf klanglich-kinästhetischer Wahrnehmung in den Mittelpunkt der Stimmpädagogik gestellt.

 

Besonders spannend finde ich hier die Befruchtung von Wissenschaft und Kunst für die Entwicklung der Stimme.

 

Sollten Sie nicht von allen diesen oder auch von keinem dieser bislang gehört haben, so macht das nichts – Sie werden sie durch diesen Vortrag nebenbei näher kennenlernen.

 

KERN

Unterm Strich meiner Arbeit steht: Sie können zu jedem Zeitpunkt Ihres Lebens lernen, freier zu sprechen und zu singen, messbar bessere Leistungen zu erbringen und zufriedener mit Ihrer Stimme sein.

 

„Alter“ ist dabei nur ein Aspekt von vielen. Haltung, wahrnemung, Sprech-oder Singanlass, Absicht des Zuhörers respektive Lehrers oder Therapeuten usw. sind weitere. Ich werde also ein wenig ausholen müssen...

 

Auf die klanglichen Kriterien für eine in diesem Sinne erfolgreiche Stimmarbeit wie Sängerformanten und Vibrato, werde ich eingehen.

 

Persönlicher Hintergrund

Ich unterrichte Junge wie Alte und es geht dabei um die Stimme wie um Bewegung, ums Sprechen wie ums Singen. Es geht um Chorsängerinnen oder um Operndiven, um Leute, denen anlässlich einer Schilddrüsenoperation aus Versehen auch gleich noch ein Nerv zur Steuerung eines Stimmbands weggenommen wurde (gratis, versteht sich, hier einmal keine Zuzahlung). Mal geht es darum, dass einer nach stundenlangem Sprechen nicht mehr kann. (Zuerst nur nicht mehr sprechen und schnell dann auch nichts sonst. Denn wem’s die Stimme verschlägt, der hat auch sonst Nase ziemlich voll).

 

Mal geht es darum, dass eine Schauspielerin auf der Probe am Nachmittag ziemlich viel schreien muss, am Abend in der Vorstellung eines anderen Stückes dann aber auch noch stundenlang zart hauchen – natürlich gut hörbar bis in die letzte Reihe. Es geht um Leute, die ihre Stimme unter enormem Erfolgsdruck erleben, aber auch um Leute, die sich dessen gar nicht bewusst sind, und trotzdem leiden, weil sie immer nicht gehört werden.

 

Und mancher kommt, weil er nur mal was Neues erleben will, und nachher stellt sich heraus, dass ihn die Arbeit an der Stimme ganz tief im Kern berührt. Hätte er das nur vierzig Jahre früher schon gewusst!

 

Oder: Sich getraut, das zu wissen.

 

Meine Unterrichtserfahrungen überspannen Laien wie Profis, Sprecher und Sänger, Teenager und über Achtzigjährige. Gerade aktuell ist unter anderem eine Gruppe von Lese-Lernhelfern, bei denen das Durchschnittsalter in etwa das Doppelte von meinem beträgt…

 

Manche Schüler kommen auch primär wegen Rückenbeschwerden oder Nackenverspannungen. Die wundern sich dann,  wenn ich sie nicht nur eine Stunde lang bequem bette und sanft den Kopf mal hier, mal dorthin wende, sondern sie auffordere, einen Ton von sich zu geben, einen gesungenen.

 

Und wenn sie dann nachher eine Stunde lang sich nicht nur mit ihrem Körper, sondern auch mit ihrer Stimme befasst haben und der Nacken sich trotzdem besser anfühlt oder der Knieschmerz geringer geworden ist – dann wirft das Fragen auf:  Wie denn das wohl zusammenhängt und ob ich ihnen das mal bitte kurz erklären könnte. Aber dann ist die Zeit um - und so schnell lässt sich das dann doch nicht erklären.

 

Und mit den Erklärungen ist das auch so eine Sache, besonders bei der Stimme. Das fängt schon an mit so ganz einfache Fragen wie:

 

„Wieso berührt mich diese Stimme und die da lässt mich ganz kalt?“

 Erklärungen werden gern auf abstrakter Ebene gegeben. In der Art von: „Knochen und Gewebe leiten Schall, man spricht dabei auch von Körperschall.“ Das ist im Grunde ein nutzloser Satz, Wittgenstein würde ihn einen grammatische Bemerkung nennen, am Rande der Tautologie.

 

Die Stimme betreffend müssen Erklärungen für mich sein; sie dürfen nicht allgemein bleiben. Das ist ein ziemlich schwierige Herausforderung an den Unterricht. Standardunterricht leistet hier wenig. Unterricht im Sinne von Feldenkrais kann da schon mehr bewirken.

 

Denn die Stimme ist immer die Stimme von jemand in einer bestimmten Situation. „Die Stimme“ gibt es gar nicht.

 

Sie ist eine grammatische Fiktion. Von Interesse ist also immer nur eine konkrete Stimme: Die Ihre, meine und die von Menschen, von denen ich Ihnen berichte.

 

Meiner  Stimme hören Sie ja schon eine kleine Weile lang zu; Ihre Stimme wird vielleicht in den Workshops heute Nachmittag und morgen im Mittelpunkt stehen. Ach ja: Und auch im Laufe dieses Vortrags, wenn Sie mögen.

 

TEIL 1

2 unbestimmte Begriffe – Alter und Stimme

Zunächst spreche ich  vom Begriff des Alters.

Vergleichen Sie etwa diese beiden Arten von Alter: Ein altes Auto. Ein altes Schloß. Oder vergleichen Sie die eben genannten mit: Ein alter Freund.

 

Alter ist ein vielschichtiger Begriff. Machen wir einen kurzen Abstecher zu Wittgenstein, dem Philosophen, der im Philosophieren zur Sprache kam. Ihm verdanken wir zu wissen, dass die Bedeutung von Worten ihr Gebrauch ist, nicht eine Definition. Der Gebrauch geht Definitionen voraus. Und Definitionen legen keine Verwendung in der Zukunft fest. Sprachregeln sind flüssig. Das ist kurz gesagt, was Wittgenstein sagte.

 

Der Gebrauch der Worte ist für unser Thema interessant. Denn der Gebrauch findet innerhalb von Lebenssituationen statt, nicht in Bibliotheken oder Komissionen von Sprachwissenschaftlern. Wir lernen sprechen – und damit mit Bedeutungen umgehen – in Handlungszusammenhängen, wenn man es so ausdrücken will, im richtigen Leben. Als Kleinkinder wurden wir geschaukelt und gewiegt und gesäugt und wir hörten die Mutter unseren Namen dabei sagen und so lernten wir aufhorchen, rief man uns später mal mit Namen. Identität ist nichts Abstraktes, Worte sind Teil von Lebenszusammenhängen.  Um wie viel mehr die Stimme?

 

Alter hat ganz unterschiedliche Konnotationen, spricht man über Autos, Schlösser oder Freunde.

 

Im Zusammenhang mit der Stimme könnten Sie sich für eine Idee vom Alter ähnlich der eines alten Autos entscheiden. Da fragt man sich: Lohnt die Reparatur noch? Die Stimme wird oft als Autos ähnlich betrachtet. Da ist dann die Rede von einem Stimmapparat, und schon ist man einer bestimmten Art der Betrachtung gefangen. Ein Apparat muß gefettet und geschmiert werden und verschleißt trotz aller Pflege letztlich doch. Die Frage nur, wie schnell? Wie lange kann man den Abnutzungsprozess aufschieben? Liegt nicht irgendwo in der Garage doch noch ein brauchbares Ersatzteil herum? Eine solche Sichtweise ist nicht gerade einladend.

 

Sie ist auch nicht bindend. Sie könnten sich dafür entschieden. Müssen das aber nicht tun.

 

Die Stimme als alten Freund zu betrachten, das ist etwas anderes. Einem alten Freund sieht man manches nach. Problem bei alten Freunden: Es ist schwer aus der Spur des Schon-Bekannten herauszukommen. Auch bei einem alten Freund können Sie neue Saiten entdecken. Das ist aber oft gar nicht so einfach. Man hat ein Bild von ihm und trägt das sehr lange mit sich herum.  In dem Bekannten das Neue zu entdecken ist eine der interessantesten Schwierigkeiten  in der Stimmarbeit. denn in dem, was wir gewohnt sind, von uns zu hören – und was deshalb also gar nicht wirklich hören – liegt das, was wir brauchen, um uns stimmlich weiterzuentwickeln. Wir überhören unser Potential  routinemäßig.

 

 

Funktion von Jugend und Alter

In Bezug auf das Alter fragt man gern: was kann der Alte nicht mehr, was der Junge noch kann?

 

Drehen wir die Frage einmal um: Was kann ein älterer Mensch besser als ein junger?

 

Fragen Sie sich selbst. Was zeichnet das Alter in positiver Weise aus? Das heisst nicht, dass das Alter diese Veränderung zwangsläufig mit sich brächte. Es sind aber Dinge, die zur Voraussetzung haben, dass einer viel erlebt hat statt wenig; manche Dinge oft gesehen und gehört und getan hat und nicht erst ein Mal. Dass einer ein ganzes Stück Weg gegangen ist – und sich nicht mehr an den Hinweisschildern am Anfang aufhält – da lang oder da lang?

 

Überall da, wo es um Koordination geht und um Qualität ist es von Vorteil, älter zu sein. Einfach deshalb, weil man mehr Zeit hatte, sich mit dieser Sache zu befassen.

 

Wenn Sie die Hand eines Kleinkinds oder eines Babies anschauen, sind sie fasziniert von dessen Weichheit und Feinheit. Die Hände vieler Erwachsener sind verhärtet, womit nicht Hornhaut gemeint ist, sondern eine Verhärtung der Gelenke. Sie werden steif gehalten, lassen sich nicht gut beugen oder nicht mehr völlig strecken. Aus diesem Vergleich kommt vorschnell zu dem Schluß, das Alter bringe Steifheit mit sich. wenn Sie aber die Hände eines alten Musikers anschauen  - das ist etwas anderes. Wenn die Hände ein Leben lang sich damit befassten, immer feinere Unterscheide etwa im Anschlag zu finden, dann sind diese Hände wieder denen des Kleinkindes ähnlich: sie sind weich und fein. Mit einem Unterschied: sie sind so geworden durch Erfahrung. Diese Hände sind nicht bloß weich und fein – sie KÖNNEN auch eine ganze Menge. Die Hände des Kleinkindes dagegen sind weich und fein auch deshalb, weil sie noch nicht viel können.

 

THESE:
Im Erlernen von Fähigkeiten erlernen wir – dummerweise, und nicht unbedingt notwendiger Weise - auch Einschränkungen.

 

Beispiel Milan.

Conclusio:

„Stille Nacht Singen“ war nun also diejenige Sache, bei der man sich anstrengen musste für eine Tonhöhe, die eigentlich gar nicht anstrengend war, die diesem Kind eigentlich leicht fiel.

 

 

Beispiel Schreiben

Conclusio

Einschränkungen unserer Bewegungs- und Stimmuster liegen tiefer als die Ebene des „jetzt-mach-ichs-mal-so“. Sie sind verbunden mit dem, was wir geworden sind, sind Teil unserer Biografie. Das macht das Neu-lernen so spannend. Das macht Stimmarbeit so spannend. sie bewegt sich von einer rein technischen Ebene immer auch auf einer ganz persönlichen, und zwar einer nicht-verbal-persönlichen Ebene.

 

Alter als Zeit der Reflexion – nonverbales Sein

Für den Älteren Menschen ist dieser Zusammenhang oftmals leichter einzusehen. Das Alter steht ja auch eher für Reflexion, das hohe Alter vielleicht sogar für ein „mit sich selbst ins Reine Kommen“. Das ist sehr heilsam. Wie schön aber wäre es, sich damit schon vorher im Leben zu befassen als in den berühmten letzten Augenblicken, da das Leben noch einmal als Film an einem vorbeifliegt...?

 

Alter und Jugend  - Was wird da eigentlich verglichen?

Spricht man über das Alter, meint man oft den Gegensatz zur Jugend – aber wie genau?

 

Werden heute Alte mit heute Jungen verglichen?

 

Oder heute Alte mit sich selbst vor zwanzig Jahren?

 

Oder mit Alten vor 25o Jahren? Womit wir schon beim nächsten Punkt sind:

 

Das Altern selbst verändert sich

Vor vierzig Jahren war ein internationaler Profifußballspieler mit, sagen wir, Mitte dreißig alt und nicht mehr spielfähig. Heute spielen Spieler bis über Vierzig auf höchstem Niveau.

 

 

FAZIT ALTER

Fazit: mit dem Alter ist das so eine Sache. Es ist vielgestaltiger, als man zunächst annimmt.

 

Wichtig für die Betrachtung eines Alten ist, wie er alt geworden ist. Wie gut war das, was er in der Jugend lernte, darauf angelegt, sich an Veränderungen, deren eine das Alter, anzupassen?

 

TEIL 2

DIE STIMME

Stimme ist eine Kunst. Sprechen und Singen sind Künste. Die Physiologie ist dabei eher nebensächlich. Ich zum Beispiel verfüge über 110 Prozent Sehkraft. Die wird nicht absolut gemessen, wie übrigens auch Lautstärke nicht absolut gemessen wird, sondern im Verhältnis zu irgendeinem Durchschnittswert. Kinder können heute übrigens schon nur noch viel weniger laufen als noch vor 20 Jahren. Welchen Wert nimmt man, um heute einen Durchschnitt zu definieren? Was heisst es heute, viel zu laufen, was, wenig? Ich sagte, die Physiologie sei für ein Können nebensächlich. Ich sagte nicht: völlig unerheblich. Aber was sagen meine 110 Prozent Sehkraft über meine Fähigkeit, zu malen aus? Warum werden Maler nicht aufgrund von Sehkraftmessungen in Akademien aufgenommen?

 

Um mein Schauspielstudium beginnen zu können, musste ein Attest vorliegen, phoniatrisch. Darin stand: Stimmfunktion normal. Wozu dann noch Stimmunterricht? Und: hätte es nicht heißen müssen: begabt? Die Aufnahmeprüfung siebt doch die Begabten heraus. Wie sehen die Stimmlippen des Begabten aus? Man kann es nicht erkennen. Man kann nicht erkennen, ob sie nun schief singen oder nicht, wenn man sie sich anschaut. Singt er schön? Schauen Sie doch mal? Man weiß es nicht. Man muss ihn hören. Singt er falsch? Berührt der Gesang? Das sehen Sie nicht an der Form der Stimmlippen. Masse, Länge, Querschnitt usw. sagen darüber gar nichts aus. Die Stimme ist von der Physiologie ziemlich unabhängig. Wie war Rembrandts Augendruck beim Zeichnen der betenden Hände? Welche Hirnregionen waren aktiv?

 

Sie könnten einem Publikum Helme aufsetzen und Messungen der Hirnaktivitäten aufzeichnen. Dann könnten Sie nachher sagen: Aha – Genusszentrum aktiviert bei der und der Passage. Die Hörer haben diese Passage genossen. Aber dafür brauchen die Hörer keine Messung, um das zu wissen.  Und warum die und die Passage so wirkt – das wissen Sie dann auch immer noch nicht. Ebensowenig, wie wenn Ihnen hinterher einer erklärt: Ganz klar, da ist der Tonartwechsel, das wirkt immer so. Ja, immer. Nur: Warum? Ist das eine Kausalität wie wenn eine Billardkugel gegen eine andere prallt, oder ein Lichtstrahl in den Spiegel – Einfallwinkel gleich Ausfallwinkel?

 

Der physiologische Blickwinkel ist verführerisch. Und da ältere Menschen ältere Physiologien haben als jüngere, kann man vergleichen, jung alt, Trockenheit oder Befeuchtung der Schleimhäute, Schnelligkeit eines Muskels und so weiter.  Aber was genau erfasst man damit eigentlich?

 

Eine alte Sopranistin kann das hohe C vielleicht nicht so laut singen wie eine jüngere; vielleicht aber präziser - und damit schöner. Je nachdem, welche dieser beiden Eigenschaften – lauter oder präziser - Sie als wichtiger werten, sagen Sie dann: diese Sopranistin kann im Alter besser singen oder schlechter. Diese Entscheidung nimmt Ihnen aber niemand ab. Die ist subjektiv.

 

Deshalb ist auch der Physiologieblickwinkel so verführerisch. Weil man ja etwas Messen kann. Messen ist gut. Da gibt es  Messergebnisse, und die stimmen objektiv und man muss sich nicht mit Meinungen herumschlagen. Oder man kann die eine Meinung ins Reich der Subjektivität verbannen und eine andere in den Stand der Wahrheit versetzen. Aber auch das stimmt nicht.

 

Stellen Sie sich vor, irgendein Supercomputer in Japan wäre gefüttert mit allen optimalen physiologischen Daten des Stimmapparates. Und weiter: Ein Kehlkopfroboter aus Japan würde damit angesteuert und produzierte den physiologisch optimalen Stimmklang.

 

Stellen sie sich weiters vor, es klänge wie ein Mähdrescher. Würden Sie glauben: das sei der optimale Klang? Würde irgendjemand deswegen so klingen wollen? Wäre das das neue Ideal, dem Sie sich nähern wollten? Bloß, weile s physiologisch, hygienisch gut ist?

 

Wir haben unsere Idee vom schönen Klang und auch vom guten, vom entspannten, reinen usw. Klang bevor wir irgendetwas messen. Die Messungen sagen uns nicht, was schön ist, was nicht. Wir wissen es.  Daten ordnen wir entsprechend an. 

 

(FAZIT)

Die Physiologie ist also nicht sonderlich relevant für das Phänomen Stimme.

 

Womit nicht gesagt ist, dass ein Sonogramm etwa nicht gewinnbringend in den Stimmunterricht eingebunden werden kann. Ganz im Gegenteil! Auf die Einbindung aber kommt es an.

 

Ich sagte Stimme sei eine Kunst.

Auch physiologisch gesprochen ist das richtig, weil es kein Stimmorgan gibt, keinen gesonderten nur für die Stimme zuständigen Stimmapparat, sondern die Stimme sich Funktionen unterschiedlichster Teile zusammenschnorrt.

 

Das ist die Kunst der Vernetzung ansonsten voneinander getrennter Teile, die, das ist wichtig, primär mit ganz anderem befasst sind.

 

Primärfunktion

Die Stimme kann den Luftstrom als energetischen Antrieb nur so weit für sich nutzen und anpassen, wie die Atmung das zulässt. Die Atmung selbst aber wird beispielsweise durchs Haltungsmuster eingeschränkt – je mehr sich jemand körperlich hält – statt zu balancieren – desto weniger frei ist die Atmung schon von daher.

 

Eine Verlängerung der Ausatmung übers fürs Atmen notwendige Maß wird dann zu einer Bedrohung für das Stehen – und da spaßt der Körper nicht. Sicherheit (bloß nicht Umfallen!) geht vor Sprech- oder Singqualität. (Praktisch lässt sich sehen, wie stark diese Ebenen miteinander vernetzt sind – Haltung, Atmung, Stimme - wenn man jemanden, den man im Stehen oder Sitzen hat Sprechen oder Singen gehört, „dasselbe“ im Liegen tun lässt.)

 

Den Kehlkopf kann sie für Schwingung nur so weit nutzen, wie der nicht an seiner primären Aufgabe festhält – etwa dem Schutz der Lungen gegen Fremdkörper, was einen maximalen Verschluss bedeutet. Das stemmen gegen Widerstand, das Sich-Wegdrücken von- hat denselben Effekt.

 

Zunge, Kiefer und Lippen sind primär ebenfalls für den Schutz des Innenraums zuständig aber auch für Verdauungsvorbereitung und –Transport.

 

Die primären Funktionen reagieren auch auf psychische und situative Auslöser:

 

  • Fürchte ich, das Publikum wolle mir eines „reinwürgen“, machen alle genannten Teile „zu“; so, als tauchte man mich unter Wasser. Die Stimme kann nur die noch verbleibende  Freiheit dieser Teile nutzen.

Den Rahmen für das Phänomen Stimme wird also auf viel tieferer Ebene vorgegeben als auf derjenigen, auf welcher wir etwa Entscheidungen treffen oder uns überlegen: Soll ich den Ton heute mal so, oder doch so? sich stimmlich verändern bedeutet etwas ganz anderes, als etwa einen neuen Zaubertrick lernen („So musst du das Tuch falten, dann hierhin stecken“ usw)

 

 

Stimme kein Instrument

Die (oft vorgetragene) Rede von der Stimme als Instrument ist ebenso verwirrend.

  • Welcher Gitarrenhals etwa verkürzte sich unter Streß?
  • Und ein Instrument können sie beiseite legen, wenn es keinen Spaß mehr macht. Aber die Stimme? Einfach sn den Nagel hängen?

Bei Instrumenten spricht man weiters davon, man könne lernen, sie zu beherrschen. Wie aber klingt eine beherrschte Stimme? Und wer beherrscht da wen? Das klingt doch verdammt nach: „Wir sind nicht schizophren.“

 

Fazit:

Die Rede von einem Stimmapparat ist also höchst irreführend. Die Stimme ist eine Kunst.

 

Kunst und Berührung

Kunst hat etwas mit Berühren zu tun. Sie rührt uns an. Ein Künstler muß sich aber auch selbst von etwas berühren lassen, sonst hat er kein Material.

 

Sich selbst berühren – war da nicht was....?

 

Ja klar, denn denn Stimme ist ebenfalls eine Selbstberührung: Im Luftstrom bewegen sich linke und rechte Stimmlippen aufeinander zu – und werden  schließlich zusammen gesogen.

 

Wie sie sich aufeinander zu bewegen und voneinander weg; wie sie sich berühren, mit welcher Qualität, das ist das Entscheidende.

 

Freiheit

Wie frei sie dabei von Sorgen der primären Ebene sind, die ums Überleben kämpft - das gibt den gestalterischen Rahmen vor. 

 

Diese „Freiheit von sich selbst“, wenn man es so formulieren kann,  ist eine Qualität, die Menschen jeden Alters zugänglich sind. Und älteren Menschen ist die Wichtigkeit dieser Qualität manchmal eher bewusst als Jüngeren. Denn das gleicht sich in vielen Lebensbereichen – in der Liebe, in der Erziehung usw. Wenn Sie etwas verschenken und heimlich aber damit eine Erwartung verbinden – der Beschenkte etwa möge sich revanchieren, solle ihnen von nun an gut gestimmt sein oder ähnliches – dann berauben Sie das Geschenk eines ihrer wichtigsten Elemente: der Freiheit der Reaktion des Beschenkten. Ein solches „Geschenk“, das mit Auflagen,  Erwartungen und Bedingungen verknüpft ist, nimmt keiner gerne an. Es ist gar kein Geschenk.

 

Kleine Kinder schenken, ohne Gegenwert zu erwarten. Und vielleicht ganz Alte, Die Generation dazwischen – die hat es viel schwerer mit derlei Dingen, wie „Freiheit von sich selbst“. Die steckt ja in der Leistungsgesellschaft noch mitten drin, die fährt die Ellbogen aus und muß um jeden Zentimeter fighten...

 

 

Einschub Methodik

Wenn die Stimme kein Apparat ist  - wie kann man dann Üben?

Die Frage müsste umgekehrt lauten: Gäbe es einen Stimmapparat – was wollte man dann üben? Kann ein Apparat lernen?

 

Liefert die Sprech- oder Singfunktion bei einem Menschen - Jung oder Alt - keine erfreulichen Ergebnisse – (und wer lebt schon in paradiesischem Zustand?) – dann ist Voraussetzung für die Veränderung dieser Funktion, dass man sie aus dem Automatismus herausholt. Wir denken übers Sprechen oder singen nicht groß nach. Selbst, wer eine Gesangsausbildung hat, in der es vielleicht darum ging, an irgendwelche Dinge noch extra zu denken beim Singen (anstatt einfach nur zu singen), der denkt über einen Bruchteil dessen nach, was automatisch passiert. Sprechen und Singen sind kleinhirnisch abgelegt. Das Kleinhirn macht das schon. Hat es immer gemacht, macht es auch jetzt wieder. Wenn das, was das Kleinhirn macht, aber nicht das ist, was mir vorschwebt – dann muß ich es daran hindern, seinen Automatismus abzuspulen. Die Aufgabe „Sprechen-Singen“ muß auf eine Art gestellt werden, dass das Kleinhirn gar nicht darauf kommt, es könnte „Sprechen“ oder „Singen“ gemeint sein.

 

(Dies wäre, nebenbei gesagt eine ganz kurze Art, das wesen von Feldenkrais und der Alexander Technik zu beschreiben.)

 

(In Heuler pusten)

 

Bei diesem Ding zum Beispiel fühlt sich ein gestandener Opernsänger ganz weit weg von jeglicher Klangästhetik, vom  Stimmideal und den alltäglichen Anforderungen an der Oper.

 

Man kann nun nicht nur einen Ton an dem Heuler erzeugen, indem man reinpustet, sondern auch singend.

 

(Vormachen)

 

Auch bei dieser Aufgabe denkt das Kleinhirn des Opernsängers:

 

„Das ist keine italienische Oper. Das hat mit Singen nichts zu tun.“

 

ALSO besteht die Möglichkeit, damit die Stimmlippen auf ANDERE  als die GEWOHNTE ART ins Schwingen zu bringen.  DABEI macht er Erfahrungen, die er sonst nie machen würde. Er lernt.

 

Lernen beginnt mit dem Heraustreten aus dem Rahmen des bisher bekannten. Und die Schwierigkeit dabei ist bekanntermaßen: „Wie erkenne ich das, was ich immer schon tue?“ Wie erkenne ich das Selbstverständliche, das Alltägliche? Wie erkenne ich meine eigenen Gewohnheit?

 

Wiederholung bringt nix

Sie haben milliardenfach in Ihrem Leben geatmet – sind Sie aber BESSER darin geworden? Pure Wiederholung lehrt uns nichts. Wenn wir aber EINMAL aufmerken auf das, was wir tun,  bemerken wir plötzlich Dinge, die normalerweise nicht bemerkt werden, weil wir die Dinge normalerweise kleinhirnisch erledigen. das Kleinhirn merkt nicht viel. Das ist ja auch nicht seine Aufgabe.

 

Erst, wenn wir mit Ungewohntem konfrontiert werden, gibt es eine Anfrage ans Sensor-motorische Zentrum:

 

„Ähm- WAS IST DAS?!“

 

Lernen hat  damit zu tun, Situationen herzustellen, die das automatisierte Stimmuster ent-automatsieren. Erst dann gibt es die Möglichkeit, ein kleinhirnsich schon abgelegtes Muster neu zu bearbeiten, Nuancen hinzuzufügen, genauere Abstimmung zu ermöglichen oder falsche Verknüpfungen aufzulösen.

 

Dadurch kann neuer Input ins Muster gelangen. Die Funktion, um dies es dabei geht (in unserem Fall: die Stimme) muß in ungewöhnlichen Kontext gestellt werden, oder es müssen ungewohnte Teilaspekte behandelt werden.  Das Gewohnte muß plötzlich ungewohnt erscheinen.

 

(ins Rörchen blasen)

 

Ich gebe Ihnen zur Illustration, wie das aussehen kann, eine kleine Auswahl an Beispielen. Die folgenden sind tatsächliche Einstiege in eine Stunde oder Veränderungen, die ich innerhalb einer Stunde vorschlage. Einige davon kommen bestimmt auch in den workshops vor.

  • Einen Sänger, der sein Leben lang im Stehen gesungen hat, einfach mal hinlegen und im Liegen singen lassen.
    • Das geht auch mit dem Cello!
  • Im Ein- statt im Ausatmen Sprechen oder Singen.
  • Das Halte-muster ärgern: z.B. einbeinig stehen
    • Ich arbeite dabei oft direkt mit einem Schüler, indem ich über minimale Berührungen Bewegungen mit erhöhter  Eigenwahrnemung provoziere und anderem mehr
  • Die Eigenfrequenz von Vasen,  Blumentöpfen oder Röhren singend finden
  • Sprechen oder singen an akustisch besonderen Punkten im Raum – ganz dicht vor einem Fenster oder einer Zimmerecke.
  • Das Hören verändern durch Tief- oder Hochpassfilter. (mit den Händen vormachen und erläutern was ist was)
  • Das Hören mittels digitaler Filter am PC verändern (so was habe ich auch mitgebracht)
  • Gezielte Einschränkungen ins  Bewegungsmuster einführen: z.B: Vokale formen ohne Beteiligung des Kiefers – oder ohne Beteiligung der Lippen – oder nur mit Lippen oder nur mit Kiefer –
  • Gewohnte Bewegungen anders einleiten: z.B.: die Kieferöffnung nicht übers Aufziehen des Kiefers sondern übers Strecken des Kopfes. (Vormachen)
  • Lied oder Sprechtext verlangsamen; so langsam, dass schließlich jeder Vokal eine gesamte Atemlänge Zeit hat
  • Singen oder Sprechen nachdem man an etwas gerochen hat – z.B. Latschenkieferöl
  • Sprechen oder singen, während eine Klangschale oder man vom Klavier Töne in der Nähe eines Vokalformanten spielt. Oder einen Sängerfomantbereich.

 

  • Da Voraussetzung für das Aufgeben der kleinhirnigen Kontrolle das Maß der Ungewohnheit wichtig ist, können Sie grundsätzlich JEDEN Parameter der Situation verändern.
  • Das muß gar keinen augenscheinlichen und  spezifisch stimmtechnischen Aspekt betreffen.
  • Beispiel:
  • Ich gebe im Moment eine kleine Reihe von Workshops für die Mentor-Leselernhilfe. Das sind Ehrenamtliche, die einmal in der Woche einen Schüler, etwa Grundschulalter treffen und mit ihm lesen; ihm vorlesen, sich vorlesen lassen. als ich dabei auf die Primärfunktionen der an Stimme beteiligten Körperteile sprach, erzählte mir eine Frau von ihren Schülern; sie seien recht mundfaul und sprächen undeutlich. sie hatte auch erwähnt, dass sie manchmal am Schluß der Stunde Gummibärchen verteile – zur Belohnung. Nunja. Aber da machte es „klick“ bei mir. Diesen Parameter der Stundensituation könnte sie ja mal ändern. Ich schlug ihr also vor, den Zeitpunkt der Gummibärchenverteilung vorzuverlegen: an den Beginn des Lesens. Gummibärchen kaut man. Der Kiefer tut also, was er gerne tut und gut kann. Und bewegt sich dabei. Beim nächsten Workshop stellte mir die Frau ihre Ergebnisse vor. Sie habe die Gruppe geteilt -  die eine erhielt die Gummibärchen wie gehabt als Belohnung zum Schluß, die andere zu Beginn des eigenen Vorlesens. In dieser berichteten die Kinder von selbst, viere von fünfen hätten deutlicher artikuliert, wären besser verständlich gewesen...
  •  

Dieses Ding

 

(Vormachen)

 

kommt übrigens auch im Workshop zugunsten Ihrer Stimmfunktion vor.

 

Moshe Feldenkrais

hat sich viele nützliche Gedanken über das Lernen gemacht, die so ähnlich klingen wie da, was ich eben skizzierte.

 

Im frühen Israel durften die Araber per Gesetz ihre Krummdolche bei sich tragen, obwohl Waffen eigentlich verboten waren. die Krummdolche aber galten als kulturelle Accessoires und fielen also nicht unter das Verbot. Das hatte zur Folge, dass bei Überfällen Araber immer im Vorteil waren.... Feldenkrais hatte Selbstverteidigungstechniken gelernt und sollte diese weitergeben.

 

Die Selbstverteidigungstechniken dienen mir dabei, da ich diese Geschichte als Metapher benutze, als Stellvertreter für viele richtige und gut gemeinte Ratschläge, wie man mit der Stimme umgehen solle. DA kennen sie sicherlich auch viele davon, und Sie können sich einige davon denken. Diese Art des Lernens ist jene, die wir meistens antreffen.

 

Gut. Nun brachte also Feldenkrais den Leuten bei: SO der Hand des Angreifers begegnen, ihren Schwung abmildern und umlenken. SO stehen dabei usw. Alle lernten diese RICHTIGN Verhaltensweisen – kamen aber nach einer Woche wieder und waren genauso oft wenn nicht öfter unterlegen aus gefährlichen Situationen herausgekommen. einer gar nicht mehr. Der war vorher immer weggelaufen, hatte diesmal aber gemeint, er wüsste ja, was zu tun sei. Das war Feldenkrais ein Rätsel. Es hatte doch im Training alles ganz gut ausgesehen. Hatte er etwas übersehen?

 

Er ließ sich noch einmal vormachen, was die Leute taten, wenn sie angegriffen wurden. Und sie taten das, was Feldenkrais ihnen beigebracht hatte. Aber nicht als erstes. Als erstes machten sie etwas anderes. Nämlich das, was sie immer schon getan hatten. Feldenkrais erkannte, dass mit dieser Art Lernen das persönliche Muster, die persönliche Antwort auf die Situation sich nicht verändert hatte. X hatte immer noch Angst und versteifte sich dabei, Y verlagerte immer noch das Gewicht so auf den Füßen, dass er schnell weglaufen konnte, sollte etwas schief gehen usw. Und erst danach praktizierten sie die neu erlernten Abläufe. Das war aber in der Regel bei einem ernstlichen Angriff ETWAS ZU SPÄT. Sie hatten sich dadurch ETWAS ZU WEIT von dem für die richtigen Griffe und Schritte notwendigen Voraussetzungen entfernt.

 

Mit anderen Worten: Was auch immer sie gelernt hatten war sinnlos, weil es in Wirklichkeit nie diejenigen Voraussetzungen gab, auf denen sie beruhten.

 

Feldenkrais änderte also die Bewegungen so, dass sie auf der persönlichen ersten Reaktion aufbauten, statt anzunehmen, diese würde nicht stattfinden, statt also von einem idealen Nullpunkt auszugehen. Das war mühsam für ihn, weil er sich nun mit den ganzen unterschiedlichen Verhaltensweisen seiner Schüler befassen musste  - und weniger mit seinem System der perfekten Verteidigung, das doch personenunabhängig funktionieren sollte.

 

Er schaute also: was ist das, was der da als erstes tut – und wie kann ich VON DA AUS weitermachen?

 

In ähnlicher Weise ist es in Bezug auf die Stimme verführerisch, sein professionelles Wissen über die Köpfe seiner Schüler oder Patienten hinweg einzusetzen.

 

Wenn ich einem, der den Mund nicht sehr weit öffnet,  sage: „Mensch, mach doch deinen Mund etwas weiter auf“

 

- was tut der dann?

 

Vielleicht braucht er den Zug der Kaumuskultur als Teil eines Musters, mit dem er den Hals aufrichtet. Die kann er also nicht loslassen. Er muß also andere Muskeln aktivieren, die gegen den Zug der Kaumuskulatur und gegen die Intention der Aufrichtung arbeiten, um den Mund weiter aufzumachen. Es kann ihm also gelingen – es ist allerdings eine völlig andere Bewegung als bei jemand, dessen Kaumuskulatur frei von solcher Einspannung in ein anderes Muster ist.

 

Wird der Kiefer dabei einer Schutzfunktion gerecht –

 

(mit aufeinandergepresstem Kiefer sprechen)

 

 HIER KOMMT MIR KEINER DURCH –

 

dann kann meine Autorität ihn zwar dazu bringen, diese Barriere zu öffnen. Er wird das aber vermutlich einen Schritt weiter innen kompensieren: indem er etwa die Zunge gegen den Gaumen hebt oder zurückzieht, um damit den Mundraum abzuschließen.

 

Öffnung, die man auf einer äußerlichen Ebene erzwingt, erzwingt Verschluß eine Ebene tiefer.

 

 

Diese Art des Umgangs Das ist besonders von Vorteil bei der Bearbeitung von älteren Mustern, bei denen die unterschiedlichsten Querverbindungen  wirksam sind. Es ermöglicht einen respektvollen Ausgangspunkt, der die Biografie, auch die nicht verbalen, sondern die klanglichen und stimmlichen Aspekte von Biografie, berücksichtigt.

 

Anderes Beispiel Vokal E

Die Zunge wird bei Vielen für alle möglichen Funktionen angesteuert und ist alles andere als frei, sich differenziert für Klanggestaltung zu bewegen. Und oft genug wird bei undeutlicher Artikulation an sichtbare Muskeln appelliert, etwas zu tun. Für ein deutlicherers „e“ wird vielleicht vorgeschlagen, die Mundwinkel weiter auseinanderzuziehen. Das funktioniert zunächst einmal, das „e“ wird e-iger.

 

Nachteile:

  • Die Bewegung ist ziemlich groß und damit relativ langsam.
  • Der hohe Vokalformant wird durch das breitziehen zwar verstärkt, was der Eindeutigkeit des Vokals zugute kommt; der tiefe Anteil hingegen bleibt unterentwickelt – der Klang wird flach.
  • Um dann mehr Tief in den Klang zu bekommen, muß man sich schon wieder etwas neues einfallen lassen, vielleicht probiert man es damit,denn Kehlkopf tiefer zu ziehen und so weiter.
  • Das ganze ist eine gute Art, immer weiter Kompensationsmuster über schon bestehende zu legen. ein anstrengendes, auf Kontrolle und willkürlicher Muskelarbeit aufbauendes System. Eines von denen, die einem versagen unter Streß, bei Müdigkeit, bei Überlastung.

 

Oder auch im Alter.

 

Damit sind  wir bei einer der Grundthesen angelangt:

Stimmphänome des Alters sind vielleicht nur das, was hinter der Maske der Jugendlichkeit immer schon „alt“ oder „nur eingeschränkt funktional“ war.

 

TEIL 3

ALTERSSTIMME

Mittels bestimmter Gesangsübungen lassen sich vielleicht einige alterstytpische Merkmale als Teil der jüngeren Stimme zeigen.  

 

Meine Damen und Herren, es ist Zeit für eine

AUDIENCE PARTICIPATION!

 

Bevor wir zur Sache bzw. zu Ihrer Stimme kommen, schlage ich eine ganz analoges, noch einfacheres Experiment vor. Ich werde gleich ein Wort sagen, und ich möchte, das Sie dieses Wort nicht in Unruhe versetzt. Es geht bei dem Wort um Sie, um einen Aspekt von Ihnen, und ich farge mich tatsächlich, inwieweit sie es schaffen, einfach zu bleiben, wie Sie sind, wenn ich das Wort ausspreche, denn es geht um Ihre – Achtung – Bleiben sie so, wie Sie sind - HALTUNG.

 

  • Haltung: Sitzen beobachten ohne es zu verändern.
    • Sich dann einmal BEWUSST GERADE HINSETZEN –
    • Spüren.
    • diese Kraft wird im Alter weniger.
    • Sich wieder hinsetzen wie zuvor.
    • ANDERER ANSATZ:
    • Kopf drehen,
    • Rumpf drehen etc.
    • KONZEPT DIFFERENZIERUN, KLEINHIRN-SNEOSMOTORIK anbinden
    • Wie sitzen Sie jetzt?
    • FAZIT: Sie können jederzeit verbessern, wenn Sie VON IHREM MUSTER AUSGEHEN.
  • Singaufgabe: Bitte alle zusammen und durcheinander relativ hoch singen. Nicht maximal hoch. Nur ziemlich hoch. Dabei sehr leise,  am Rande der Hörbarkeit leise.
  • Mögliche Beobachtungen:
  • Die Stimme bricht weg, unperiodischer völliger Verschluß, und wenn es nicht ganz so weit kommt: leierndes Vibrato.
  • Überlegen Sie einmal – wie kommen diese Phänomene zustande? Wie machen Sie das?
  • Antworten sammeln.
  • Beobachtungen von Theorien trennen.
  • Wenn Sie jetzt dasselbe Lied auf etwa derselben Höhe noch einmal singen aber: lauter als zuvor, dann ….
  • werden Sie vielleicht bemerken, dass es eine Lautstärke gibt, bei der die Stimme wieder gut läuft…
  • Preisfrage: Wie machen Sie das? Warum läuft die Stimme jetzt wieder besser?
  • These
  • Wenn Sie sehr leise singen, ist der Verschlussdruck schnell zu hoch. Daher das Leiern und der teilweise komplette Verschluß. Der Zug der Stimmlippen ist zu stark, um bei geringem Luftdurchfluß schwingen zu können. Oder anders: Da liegt eine Grenze  der Fähigkeit. Im Fünften Gang kann ein Auto nicht anfahren: Eine große Übersetzung braucht entsprechende Kraft, um bewegt zu werden. es resultiert eine große Bewegung. Die entspricht einem lauteren Ton. „Leise und hoch“ – was im Alter  schwierig ist, ist es hier bereits im Nicht-Alter. 
  • An dieser Grenze können Sie jederzeit etwas lernen.

Weitere Beispiele aus der Mentor Leselernhilfe:

Ich stelle ihnen einige der Teilnehmer aus dieser Gruppe vor und dann eine einfache Stimmübung, die für alle diese positive Veränderungen in Bezug auf ihre je spezielle Symptomatik gebracht hat. Wenn Sie Lust haben, können Sie diese Übung dann gleich auch am eigene Leib bzw. den eigenen Stimmbändern erfahren…

 

  • · eine Dame mit ziemlich hoher Stimme, die sprach eigentlich immer auf der Kante zur Kopfstimme oder ganz in der Kopfstimme. Das nervte sie. Sie hatte jahrelang in einer Telefonseelsorge oder so was gearbeitet. Und da war ihr die Stimme dann auch immer so hochgeschlagen, wenn sie nervös war, gestresst. Jetzt aber schien es ihr, als passiere ihr das öfter, da sie älter sei.

Mittels einfacher Wahrnehmungsübungen während des Lesens merkte sie, wie ihre Stimme immer tiefer wurde, was ihr angenehm war.

 

Die Übung:

Beim Sprechen eine Hand auf Kopf legen um Vibrationsempfindungen nachzugehen. Effekte bei anderen Teilnehmern:

 

  • · Die eine mit Kloß im Hals:  Kloßgefühl weg
  • · Die mit dem Knarren: etwas heller und angenehmer.

Wie kann ein und dieselbe Übung so unterschiedliche Effekte haben?

ich lasse die Frage für den Moment mal offen.

 

   oder Prinzip:

   Wahrnehmungs-Tun-Schleife

 

Weiteres Beispiel Mentor-Lese-Lernhilfe

Die mit der Entzündung im Kehlkopf, wie sagte.

 

  • Ich ließ sie ein wenig normal sprechen.
  • Das fiel ihr leicht und sie unterhielt ihr Publikum. (War früher Burgführerin gewesen und konnte einfach so drauflos schnabulieren)
  • Erschwerung der Aufgabe: Leute sitzen weiter weg.
  • Über drei Stufen bis auf Fußballfeldgröße.
  • Spätestens hier tat ihr der Kehlkopf weh.
  • Ich brach ab.
  • Was hatten die TN beobachtet?
    • Stimme lauter, höher, heller, kreischend
    • ich: Kopf in den Nacken ziehen
    • Das tat sie eigentlich auch schon vorher, nur nicht so extrem
  • Hier gibt es einmal die Möglichkeit: Alexander Technik.

Erklären. Mit einer anderen TN.

 

Oder, wie hier: Singen in Röhre. Vorne zuhalten. Sie spürt:

  • Vibrationsempfindungen im Hals
  • Problem, das das Rohr erzeugt: Wenn Luft nicht durch Rohr = Mund – wo dann?

 

Ohne das Problem gelöst zu haben - und wir, Sie und ich - werden uns im Seminar mit diesem Problem noch praktisch auseinandersetzen, ließ ich die Dame erneut sprechen und vergrößerte dann sukzessive den Abstand.

Beobachtungen:

  • Kopf weniger in den  Nacken gezogen
  • (=) Blickhorizont beibehalten
  • Stimme tiefer
  • resonanzreicher
  • nicht schrill
  • von Anfang an voluminöser

BEISPIEL 1

Die Schauspielerin

Sie ist etwa Mitte Fünfzig, ist Spielleiterin, also so was wie die Chefin der Schauspieler im Theater; arbeitet selbst als Schauspielerin und als Regisseurin; leitet Vorsprechen am eigenen Haus und besetzt;  arbeitet mit Nachwuchs, bereitet auf Vorsprechen vor und kümmert sich allgemein um das Ensemble.

Es ist immer ein besonderer Spaß und auch eine besondere Ehre mit jemand zu arbeiten,  der so viel Erfahrung mit Stimme hat. Und erstaunlich, immer wieder Ecken zu finden, die sie noch nicht an sich kennt.

 

Sie ist eine extrem bewegliche und kraftvolle Person. Und damit haben wir auch schon die zwei Hauptschwierigkeiten beschrieben. 

 

Mittels Kraft ist sie stets in der Lage, weit über die Grenzen des Angenehmen zu leben. Je älter sie aber wird, desto schwieriger wird das – denn die Kraft lässt nach.

 

Stimmeigenschaften

Stimme: brustig; kippelt bei Streß oder nach Ausbruch; und im Älterwerden wurde das immer mehr...

 

Und Beweglichkeit als Problem? Ja; weil man in der Lage ist, um Probleme herumzulavieren. DIE ART von Beweglichkeit. Sie ermöglichte ihr, ihre stimmlichen Probleme zu relativieren, indem sie mehr über den Körper spielte.

 

Beide Probleme sind Tamara bewusst.  Das ist gut. Denn beide Fähigkeiten haben sie ja ziemlich weit gebracht – da ist es gar nicht so einfach, so etwas als Problem zu erkennen.

 

Ich kenne Tamara nun schon seit acht Jahren und könnte ein Buch über ihren Prozess schreiben. Da dass offensichtlich etwas viel Zeit heute vormittag in Anspruch nehmen würde und es nicht gesagt ist, dass der Vormittag überhaupt ausreichen würde, erzähle ich Ihnen nur zwei neuere Beispiele aus den letzten beiden Stunden; die hatten wir vor etwa einer Woche.

 

Tamaras Stimme tendiert zu hartem Ansatz.

Außerdem zieht sie tendenziell die Stimme herunter für einen tieferen, brustigeren Klang.

 

Das hat, wie schon erwähnt,  zur Folge, dass sie unter Streß, bei Müdigkeit oder nach lauten bzw. lauten und schnellen Passagen leicht kippelt.

 

Merkte Tamara das, war ihre Tendenz immer die, noch etwas mehr Kraft aufzuwenden, um die Stimme wieder „zu beherrschen“.  dieses Muster setzte sie relativ bewusst ein; sie hatte es in der Schauspielausbildung als junges Ding gelernt.

 

Aus meiner Sicht passierte da folgendes:

 

Ihre Schauspielsprechtechnik basierte darauf, schnell viel Masse einzusetzen. Dienlich dafür sind alle Ansätze, die auf eine vergrößerte Atembewegung abzielen, das angebliche In-den-Bauch-Atmen und der Aufbau von höherem Tonus außen liegender Muskulatur, was man beispielsweise über alle direkten Anweisungen „Haltung“, „Aufrichtung“ oder „Atmung“ betreffend erreicht.

 

Sie haben das eben an sich selbst erleben können.

 

Warum griff man überhaupt zu diesen Maßnahmen?

 

Tragfähigkeit, Sängerformant, Schleimhaut

Vielleicht, nicht unwahrscheinlich, um eine größere Reichweite der Stimme zu erreichen. Vielleicht auch, um den Hauchanteil zu reduzieren. Denn legte ich Tamara aufs Kruez, bzw den Rücken, wurde sie stimme unverhältnismäßig hauchig im unterschied zum Stehen.

 

Mit beidem saßen die guten Stimmbildner aus meiner Sicht einem Mißverständnis auf.

 

  • Sie wollten Tragfähigkeit, trainierten aber die Lautstärke der vorhandenen Frequenzen.
  • Sie wollten den Hauchanteil reduzieren – maskierten den aber nur unter einer erhöhten medialen Kompression.

Tragfähigkeit bedarf nicht der Erhöhung des Schalldrucks in tieferen Frequenzregionen (Vokalformanten). Sondern der Entwicklung höherer Regionen, der Sängerformanten etwa. Da diese aber vermutlich hörbares Ergebnis der unabhängigen Schwingung der Schleimhaut auf den Stimmlippen sind, führt jegliche Forcierung der medialen Komopression eher dazu, dass diese übergangen wird.

 

Und der Hauch? Hauch macht die Oberfläche der Stimmlippen hörbar. Das ist zwar ab einem gewissen Punkt von Nachteil, wenn man mit diesem Muster laut werden will; von Vorteil aber dafür, die Wahrnehmung auf die bislang unerhörten höheren Klanganteile zu lenken und somit einen Parameter enwtickeln zu können, der weit besser geeignet ist als alles andere, für Tragfähigkeit zu sorgen.

 

Ich sehe Tamara maximal zweimal im Jahr für  3 Stunden. Das aber im Verlauf von jetzt acht Jahren. Tamaras Stimme ist jedesmal weicher und voller, weniger aufwändig geworden, tragfähiger usw.

Ich habe sie dabei immer wieder in Situationen gebracht, in denen die Stimme kippelte; verblüffend für Tamara: das waren oftmals angenehme oder lustige Situationen.

 

Erinnern Sie sich noch daran, wie Feldenkrais in seinem Selbstverteidigungskurs dazu überging, das tatsächliche Muster als Ausgangspunkt für die folgenden Bewegungen zu nutzen, statt zu versuchen, sie zu unterdrücken?

 

Mit dem Hauch tat ich hier dasselbe. Der Hauch war ja das, was eigentlich los war bei ihr; drübergelegt: ihre Stimmtechnik. Und die einfach zu vergessen, ist unmöglich – schließlich hat sie ja MIT (oder böse gesagt: TROTZ) dieser Technik ihre Karriere gemacht.

 

in den Workshops heute und morgen können sie an sich selbst erleben, wie sowas praktisch aussieht. Jetzt noch ein Wort zu den Kriterien, die Leitfunktion haben für egal welche Art der Intervention.

 

Denn manche der Übungsbeispiele, die ich bereits beschrieben habe, sind beinahe peinlich unsängerisch, wirken beinahe peinlich; so wie das da

 

(Heulerton)

 

Um aber zu wissen, ob man gerade nur Quatsch macht, oder ob man sich auf einem guten weg befindet, bedarf es der Kenntnis der Kriterien guter Stimme – und vor allem ihrer Vorboten.  Dazu gehören Hauch („Nebengeräusche“) und Bewegung („Wackeln“).

 

 

Maßstäbe und Kriterien

  • Sängerformanten, Vibrato, Wärme und eine gute Verteilung der Energie in den beiden Vokalformanten sind Maßstab für die alte Stimme genauso wie für die junge Stimme
  • Körperliche Kriterien sind eine unabhängige Atmung, freie Aufrichtung und Beweglichkeit ohne Einschränkung durch spezielle Sprech- oder Singmuster
  • Kriterien die Psyche betreffend:
    • realistische Selbsteinschätzung,
    • zuversichtlicher, humorvoller Umgang mit Störungen
    • Zufriedenheit, selbst, wenn man noch nicht am Ziel der Ziele angelangt ist
  • Wie schnell sich diese in Sängerformanten wandeln können, werden wir (So hoffe ich!) in den Workshops hören können.

 

An dieser Stelle möchte ich abschließend das Phänomen der SF etwas genauer ausleuchten.

 

Sängerformanten

Das gute an  ihnen ist bekanntlich, dass es sich dabei um relativ große Energie in Teiltonbereichen des Frequenzspektrums handelt, in denen viele andere Schalle – Orchesterschall etwa - deutlich weniger relative Energie besitzen.

 

Als allgemein akzeptiert gilt dabei die Region um 3000 Hz. Ob es wirklich weitere SF-Bereiche - etwa um 5000 und 8000Hz – gibt, ist strittig.

 

Ein Schallspektrum, in dem ansonsten wenig „“gefunkt“ wird, benötigt relativ wenig Schalldruck, um wahrgenommen wzu werden – diese Bereihe werden eben nicht von anderen maskiert.

 

Praktisch an diesem Frequnezbereich ist, dass er als einziger sowohl ind er sprachlichen als auch in der gesanglichen Kommunikation konstant bleiben kann – während der Ferquenzbereich von, sagen wir 50 – 2900 Hz sich aufgrund der Vokaländerungen verändert.

 

Neben dem Vibrato wären die SF damit das einzige gleichbleibende Merkmal eines sich ständige verändernden Klanggeschehens

 

Günstig ist ebenfalls, dass der äußere Gehörgang Frequenzen um 300 Hz besser weiterleitet als andere, und möglich ist auch, dass die eustachischen Röhren hier Eigenfrequenz aufweisen, damit in Kosnonanz treten können und Schallsignale in den genannten Bereichen bevorzugt weitergeben.

 

Möglich ist, dass hohe Frequenzen „energetisierend“ wirken. inwieweit diese These belegt ist, weiß ich nicht. Praktische Erfahrung würde diese recht vage These allerdings durchaus stützen.

 

Zur Entstehung der SF.

Zum einen kann hier die Umsetzung des Ebnergie des Luftsroms ind Klangenergie an den Stimmlippen interssieren – body-cover-Theorei. Zum anderen die orientierung der Wahrnehmung.

 

 

 

Body-cover-Theorie

Stimmband frei beweglich auf Vokalismuskel – Kopfstimme.

 

Aber auch die das Stimmband umgebende Schleimhaut ist unabhängig schwingungsfähig - und sorgt für einen besonders guten Verschluß – Tür/Fenster mit – ohne Dichtung.

 

Und die Frage: bei welchem Nicht-alten schwingt die Schleimhaut schon optimal? SF gelten immer noch als Merkmal der ausgebildeten, reifen Stimme. Jede körperliche, musikalische usw Intervention bzw deren Effektivität mache ich auch vom Zuwachs „hoher Frequenzen“ - zunächst oft als „Nebengeräusch“ mißverstanden – abhängig.

 

SF, Vibrato, Wärme, Verteilung der Energie in beiden Vokalfomanten.

Das sind meine Kriterien für gute Stimmarbeit – auch mit der so genannten Altersstimme.

 

WEITERE BEISPIELE

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